Orange Micro

Nach der Übernahme entwickelte Orange Micro die Mac286 weiter und ermöglichte als erstes die Verwendung von 1 MB SIMMs, so dass ein Speicherausbau von insgesamt 4 MB möglich wurde. In der finalen Weiterentwicklung wurde die Mac286 auf eine Steckkarte reduziert. Auch waren Taktfrequenzen von 12 und 16 MHz möglich.

Inzwischen vollzog sich in der DOSen-Welt der Wechsel von den 286er PCs hin zu den 386ern. Auch Orange Micro entwickelte daraufhin seine PC-Karte weiter und präsentierte die Orange386, die anfangs zwei ISA-Slots (1x 8 Bit, 1x 16 Bit) und einen Speicherausbau mit vier 30-poligen SIMM-Modulen auf bis zu 16 MB zuließ. Die 386SX-CPU war mit 16 oder 25 MHz getaktet. Ohne Grafikkarte in einem der ISA-Slots bot die Karte nur die bekannte langsame CGA-Emulation. Über den optionalen externen Anschluss konnte die erste Version des Oktopus-Kabels mit serieller und paralleler Schnittstelle sowie dem Floppy-Port wie bei der Mac286 angeschlossen werden. Auch Orange Micro verstand, dass diese Karte nur mit einer VGA-Karte wirklich nutzbar wäre, daher wurde bei späteren Modellen ein WDC WD90C30 SVGA-Chip integriert, im Gegenzug wurde dafür auf zumindest einen der beiden ISA-Slots verzichtet. Die letzte Ausbaustufe dieses Modells wurde mit einem zur 386SX-CPU Pin-kompatiblen TI486SLC mit 25 MHz ausgestattet.

Nächste Evolutionsstufe für den Nubus-Steckplatz waren die OrangePC-Karten der 200er Serie. Diese boten Platz für nun, zusammen mit einem OPTI-Chipsatz, Platz für leistungsfähigere 486er CPUs mit 3,3 oder 5,0 V Spannungsversorgung, angefangen von der SX-16 bis hin zur DX4-100 (letztere allerdings nur bei der 250 und der modifizierten 290). Als Arbeitsspeicher konnte ein PS/2-Baustein mit bis zu 32 MB (laut vorliegendem Handbuch sogar bis 64 MB) verbaut werden. Orange Micro fertigte vier verschiedene Modelle dieser Baureihe. Die einfachste Variante war die 210, die mit einer Standard-VGA-Grafik sowie serieller und paralleler Schnittstelle an einem Expansionskabel ausgeliefert wurde. Die 220 bot, wie die folgenden Modelle auch, darüber hinaus SVGA. Auf der 250er war ein PCMCIA Slot (CL-PD6710) verbaut, um z. B. Netzwerk oder Soundkarten mit der PC-Karte nutzen zu können, dafür wurde bei dieser aber auf die serielle und parallele Schnittstelle verzichtet. Das Top-Modell, die 290 beinhaltete nun neben dem PCMCIA Interface auch wieder diese beiden Schnittstellen sowie 128 kB 20-ns-Cache für die CPU.

Bei den bis jetzt genannten Modellen musste das Videosignal der PC-Karte immer über den Nubus-Steckplatz an den Macintosh weitergegeben werden. Dieser konnte es dann am Monitor ausgegeben. Es liegt in der Natur der Sache, dass somit die Geschwindigkeit der Bildausgabe recht langsam war und zumindest zum Spielen nicht ausreichte.

Den Wechsel von der Nubus- hin zur PCI-Plattform vollzog Orange Micro mit den ungleichen 12“-Zwillingen der Baureihen 300 und 400 mit VIA 82C496-Chipsatz. Während die Nubus-Karte 340 die finale Entwicklungsstufe der OrangePC-Karten für die Nubus-Macs darstellte, waren die beiden PCI-Karten 420 und 440 die ersten PC-Emulatoren von Orange für den neuen Erweiterungsbus in den Power Macs. Soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, gab es wohl kein Nubus-Pendant zur OrangePC 420. Diese Version bot neben einer 1 MB Grafiklösung (S3 Trio64) einen Speichersockel für PS/2-DIMMs für bis zu 32 MB Arbeitsspeicher. Ein CPU-Cache war bei der „kleinen“ neuen PCI-Karte nicht verbaut. Die beiden 40er Karten, die Nubus 340 und die PCI 440, ermöglichten es dem Nutzer, den Grafikspeicher auf 2 MB aufzurüsten und stellten zwei PS/2-Slots für bis zu 64 MB RAM zur Verfügung. Beide Karten waren mit 256 kB Cache (20ns) für die CPU ausgestattet. Während die 340er mit 3,3 V und 5 V 486er CPUs wie DX2, DX4 aber auch dem Cyrix 5×86 zurechtkam, findet sich auf der Liste der unterstützten CPUs für die beiden 400er Boards nur der Cyrix DX2-80 sowie der Cyrix 5×86 mit 120 MHz. Dies mag daran liegen, dass die 400er Boards den FSB der Karte mit 40 MHz takteten. Für die nun endlich mögliche Sound Blaster-kompatible Tonausgabe sorgte ein Chip von ESS. Als weitere Neuerung gegenüber den Nubus-Karten der 200er Serie verfügte diese Zwillingsserie zum ersten Mal über das sog. Hydra- bzw. Oktopus-Kabel, welches zwei serielle und eine parallele Schnittstelle, einen game bzw. Midi-Port sowie je einen Stereo-Klinkenstecker für Sound-Ein- und -Ausgang sowie die Durchschleifmöglichkeit für das Bildsignal zur Verfügung stellte. Alle PCI-Versionen der OrangePC-Karten konnten keine weiteren PCI-Erweiterungskarten nutzen.

Die nachfolgende 500er Serie wurde für den Intel Pentium und kompatible CPUs entworfen und repräsentiert so die erste Sockel7-Baureihe. Die externen Schnittstellen wurden wie bei der 300er und 400er über das sog. Hydra- bzw. Oktopus-Kabel nach außen geführt. Der Hersteller unterschied hier zwischen einer 7“- und einer 12“-Version. Wie gewohnt war die CPU gesockelt und konnte daher leicht gegen andere unterstützte CPUs getauscht werden, wobei ein Zwischensockel (wegen den 2,8 V) für MMX-CPUs bei der 520 und 540 notwendig war. Die Orange PC 520 hatte eine 1 MB Grafikkarte (S3 Trio64V+, erweiterbar auf 2 MB) verbaut und wurde häufig mit einer Cyrix 686+ CPU mit 166 MHz angeboten. Die 530 hatte bereits 2 MB Grafikspeicher verlötet und benötigte nicht den vorgenannten Zwischensockel für MMX-CPUs.  Der Arbeitsspeicher wurde bei beiden 7“-Karten durch einen EDO-DIMM (5V) mit bis zu 128 MB realisiert, ein Cache-RAM für die CPU war nicht vorgesehen. Die OrangePC 540 als erstes 12“-Modell dieser Reihe hatte eine 2 MB Grafikkarte (S3 Trio 64V+), 2 DIMM-Steckplätze für bis zu 256 MB EDO-RAM sowie 256 kB Cache-RAM, um die CPU zu beschleunigen. Bei den drei bisher genannten Modellen wurde eine 16-bit Sound Blaster-kompatible Audiolösung (ESS-Chip) verbaut. Bei der 550, der Top-Karte aus der 500er Serie, änderte Orange Micro einiges, stieg auf den S3-Virge Grafikchip um und spendierte diesem 4 MB SG-RAM. Darüber hinaus wurde der Cache-RAM auf 512 kB erweitert und der verwendete ESS-Audiochip bot 3D-Effekte und Wavetable.

Die Spitze der PC-Emulatoren im Mac bilden definitiv die Karten der 600er Serie von Orange Micro für Sockel7-CPUs, die im Jahre 1998 vorgestellt wurden. Wie bei den vorher genannten 500ern gab es ein 7“-Modell (620/625) und zwei 12“-Modelle (PCfx/PCfx 655 bzw. 660/665) wobei die Karten mit der 5 am Ende der Modellnummer für die neuen G3-Power Macs im bunten Blue&White-Tower modifiziert waren und ansonsten den Modellen mit der 0 am Ende entsprachen. Bei allen konnte nun SD-RAM als Arbeitsspeicher verwendet werden und durch die umfangreichen Einstellungsmöglichkeiten konnte auch eine große Bandbreite an CPUs, vom Pentium mit 100 MHz bis hin zum AMD K6-III mit 450 MHz, genutzt werden. Orange Micro verabschiedete sich bei diesen Modellen auch vom Oktopus-Kabel, da die angebotenen Schnittstellen, inkl. der Soundkarte, nun per Software-Emulation über den Mac gelöst wurden. Die Seriellen und parallelen Ports des Emulators konnten, wie z. B. schon bei der Mac286, den Modem- oder Printer-Port des Macs nutzen. Somit blieb die Möglichkeit, das Videosignal des Macs über einen VGA-Ein- und -Ausgang durchzuschleifen. Die 620 hatte einen SIS 5598-Chipsatz mit integrierter Grafik, die neben 2D-Beschleunigung zumindest eine 3D-Emulation anbot. Da der Chipsatz nur einen FSB bis 75 MHz (mit Übertaktung 83 MHz) anbieten konnte, waren bei diesen Karten alle CPUs mit 100 MHz FSB nicht verwendbar und auf einen 2nd-Level-Cache wurde auch verzichtet. Laut Handbuch war, im Gegensatz zu den anderen PCI-Karten von Orange Micro, keine Installation von Windows NT möglich. Das mit Abstand leistungsfähigste Modell war die Ende 1998 eingeführte OrangePC 660. Mit ihrem VIA VT82C598-Chipsatz ermöglichte sie den Einsatz quasi aller Sockel7-CPUs bis zu 450 MHz und die Verwendung von zwei SD-RAM Modulen für einen maximalen Speicherausbau von 256 MB. Das große Highlight dieser Karte ist aber der Grafikchip nVidia Riva 128 mit 4 MB SG-RAM. Kein Wunder, dass sie als Spiele-Lösung für den Mac vermarket wurde. Die PCfx, auch 650 genannt, war eine vereinfachte 660 mit einem RAM-Slot und wurde mit einer nicht austauschbaren Pentium kompatiblen CPU (möglicherweise IDT WinChip C6 mit 200 MHz) angeboten. Abschließend zu den OrangePCs noch ein paar Worte zu den Einstellungsmöglichkeiten. Bei den letzten Nubus- sowie bei den PCI-Karten konnten neben dem Diskettenlaufwerk (Image oder physikalisch) auch bis zu zwei Dateien, sog. Hardfiles, als Festplatte eingebunden werden. Auf- und Umsteigern war es möglich, die Alt-Hardfile von den Software-Emulatoren SoftPC, SoftWindows und Virtual PC oder von den Hardware-Vorgängern Mac286 und Orange386 zumindest als zweite Festplatte D: zu verwenden. Darüber hinaus waren bis zu vier Shared Volumes (Macintosh Ordner oder andere Geräte wie ganze Festplatten oder optische Laufwerke) möglich. Ebenso konnte man z. B. ein ZIP-Drive als ATAPI- oder SCSI-Device einbinden. Auch schaffte es Orange Micro, 32bit-Treiber für Festplatte, CD-ROM und Diskettenlaufwerk für die Windows 9X-Familie bereitzustellen. Zumindest ab der 200er-Serie konnte auch die Netzwerkschnittstelle des Mac genutzt werden. Der Mac selbst sollte bis einschließlich der 500er Serie über mindestens 2 MB RAM, für die Modelle der 600er Serie besser 16 MB RAM verbaut haben.